Zeitreise durchs Schlossland Schweiz

    Marco Castellaneta, Präsident des nationalen Verbandes der Schweizer Schlösser und Burgen, freut sich, dass nach dem Lockdown die Besucher wieder auf Entdeckungsreise in den alten Gemäuern kommen. Die Schweizer Schlösser laden mit Sonderschauen und spannenden Programme sowie dem nationalen Schlössertag vom 4. Oktober zum kulturhistorischen Abenteuer in die Vergangenheit.

    (Bilder: zVg) Marco Castellaneta, Präsident DIE SCHLÖSSER SCHWEIZ vor dem Schloss Hallwyl im Kanton Aargau freut sich auf die diesjährige Saison: «Wir erhoffen uns durch die eingeschränkten Reisemöglichkeiten gute Ergebnisse im Sommer und Herbst.»

    Seit dem 11. Mai sind die Schweizer Schlösser wieder offen. Sind Sie erleichtert?
    Marco Castellaneta: Sehr, insbesondere, dass es den meisten Schlössern in so kurzer Zeit gelungen ist, die Auflagen umzusetzen, die für die Eröffnung nötig waren.

    Wie sehen die Schutzmassnahmen aus und wie praktikabel sind sie?
    Die geforderten Schutzmassnahmen waren zugegebenermassen eine Herausforderung, konnten aber überall umgesetzt werden. Alle Schlösser verfügen über ein eigenes Schutzkonzept. In den Räumlichkeiten ist die Besucherzahl begrenzt und der Abstand von zwei Meter muss eingehalten werden. Der Besucherfluss wird durch spezielle Besucherleitsysteme geregelt. Zudem gibt es umfangreiche Hygienevorkehrungen und für das Publikum stehen Desinfektionsmittel bereit. Aufgrund der Auflagen kann es sein, dass Räumlichkeiten nur beschränkt oder nicht zugänglich sind und interaktive Angebote wie Touchscreens zurzeit leider nicht zur Verfügung stehen. Die Schlossbistros sind geöffnet und werden als Take-Aways bedient.

    Die Schweizer Schlösser waren auch während des Lockdowns mit virtuellen Rundgängen, Online-Sammlungen etc. präsent. Wurde dieses Angebot gut genutzt?
    Ja, das kann man sagen. Egal ob es ein virtueller 360 Grad Rundgang durchs Schloss, ein Onlinespiel oder eine szenische Vorführung und Erzählungen aus dem Schloss sind – all diese digitalen Angebote sind eine gute Inspiration für einen Schlossbesuch. Die Digitalisierung bietet zusätzliche Möglichkeiten, die Schlösser erlebbar zu machen. Ein Trend, der bereits seit längerem im Gang ist, und der nun durch die Corona-Situation weiteren Schub erhalten hat.

    Wie viele zugängliche Schlösser hat die Schweiz?
    Man denkt es nicht, aber die Schweiz ist ein Burgen- und Schlösserland. Insgesamt gibt es 900 Schlösser und Burgen inklusive Ruinen. Siebzig davon haben ein Museum.

    Was bedeuten die Schlösser für die Schweiz kulturtouristisch?
    Die Schweizer Schlösser und Burgen sind kulturtouristisch sehr wichtig und insbesondere bei ausländischen Touristen ein fester Bestandteil einer Schweizreise. In einer zunehmend komplexeren Welt steigt das Bedürfnis nach dem Authentischen und Ursprünglichen für das die Schweizer Schlösser und Burgen stehen. Um dieses Potential im Inland wie im Ausland weiter zu nutzen, dafür setzt sich unser Verband ein. Unsere Schlösser laden ein zum Träumen und zum Abtauchen, und man kann bei uns immer etwas erleben.

    Was ist charakteristisch für die Schweizer Schlösser?
    Nun, es gibt nicht DAS typische Schloss. Die Schlösser und Burgen zeichnen sich durch eine grosse Vielfalt aus. Denn die Schweiz hatte nie Könige, sondern lokale Fürstengeschlechter, die die Schlösserlandschaft prägten. Dazu kommen Einflüsse aus dem Ausland, wie aus Frankreich und Italien, die ihre Spuren hinterlassen haben. Von der mittelalterlichen Burg bis zum Barockschloss mit prächtigem Garten – die Schweizer Schlösser bieten für jeden Geschmack das passende Erlebnis.

    Wer sind Ihre Mitglieder und welche Bedingungen erfüllen sie für eine Aufnahme?
    Unsere Mitglieder sind die Top-Schlösser der Schweiz, die in touristisch erschlossenen Regionen liegen. Bedingung für die Aufnahme ist die Erfüllung der Kriterien unserer Qualitätscharta. Dazu gehört ein Museum, in dem die Geschichte des Schlosses vermittelt wird und aktiv erlebbar ist. Das Schloss muss zu festen Zeiten zugänglich sein sowie über ein Gastronomieangebot – entweder direkt oder in unmittelbarer Nähe – verfügen. Die Schlösser sind Mitglieder im Verband Museen Schweiz (VMS) und akzeptieren den Schweizer Museumspass.

    Wie gross war die Besucherzahl in der letzten Saison und können Sie dieses Jahr daran anknüpfen?
    Die Schweizer Schlösser erfreuen sich steigender Besucherzahlen. Letztes Jahr haben über 1.3 Mio. Besucherinnen und Besucher die Schweizer Schlösser besucht. Aufgrund des Lockdowns und dem Ausbleiben der Touristen aus dem Ausland, wird es dieses Jahr wohl nicht möglich sein, diese Marke zu erreichen. Wir erhoffen uns jedoch durch die eingeschränkten Reisemöglichkeiten gute Ergebnisse im Sommer und Herbst. Die Schweiz ist diese Saison das Reiseziel Nummer eins für die Schweizer Bevölkerung.

    Was sind die Highlights der diesjährigen Saison?
    Das gemeinsame Highlight der Schlösser unseres Verbandes ist der nationale Schlössertag vom 4. Oktober, der dieses Jahr bereits zum fünften Mal stattfindet. Ein weiteres Highlight ist die Eröffnung von Schloss Burgdorf, das nach zwei Jahren Umbau für das Publikum bereit ist. Viele der Schlösser präsentieren neue und attraktive Sonderausstellungen, wie zum Beispiel die Schau zu Friedrich Dürrenmatt auf Schloss Spiez.

    Welche sind die beliebtesten Schlösser in der Schweiz?
    Von den Publikumszahlen her Schloss Chillon, mit über 400’000 das meistbesuchte historische Monument der Schweiz. Gefolgt von Schloss Greyerz, den Aargauer Schlössern Lenzburg, Wildegg und Hallwyl. Auch Thun liegt vorne sowie die Burgen von Bellinzona. Aber auch kleinere Schlösser wie Waldegg oder die Burg Zug erfreuen sich steigender Beliebtheit.

    Wieso lohnt sich ein Schlossbesuch immer?
    Ein Schlossbesuch ist immer auch eine Zeitreise. Schlösser sind alt und sie sind echt. Sie bieten authentische Erlebnisse am Originalschauplatz. Mit Führungen, Veranstaltungen und Ausstellungen startet man seine eigene Entdeckerreise. In einmaligen Landschaften gelegen ist das Schloss auch für einen Ausflug, zum Bespiel in Kombination mit einer Wanderung, einer Velotour oder einer Schifffahrt die perfekte Destination.

    Was wünschen Sie sich für diese Saison?
    Dass die Schweizer Bevölkerung noch viel stärker das Schlossland Schweiz und «ihre» Schlösser und Burgen entdecken. Und natürlich, dass wir trotz dem Lockdown eine erfreuliche Schlosssaison mit vielen begeisterten Besucherinnen und Besucher haben werden.

    Interview: Corinne Remund


    DIE SCHWEIZER SCHLÖSSER

    Schlösser erlebbar machen

    Der nationale Verband DIE SCHWEIZER SCHLÖSSER vertritt kulturtouristische, politische und kommerzielle Anliegen im In- und Ausland. Die Schweizer Schlösser und Burgen sind in einzigartige Umgebungen eingebettet: Sie thronen stolz auf Hügeln, liegen malerisch an Seen oder sind Wahrzeichen von Städten. Ein Schlossbesuch ist immer Bestandteil eines Gesamterlebnisses – als Wanderziel, Destination einer Schifffahrt oder Höhepunkt einer Stadtbesichtigung.

    Der engagierte Verband bietet Veranstaltungen, Führungen und Inszenierungen, immer zugeschnitten auf die Zielgruppe, immer am Originalschauplatz. So macht er die Schlösser und Burgen mitsamt ihrer Umgebung auf einmalige Art erlebbar. Egal ob als Ausflugsort, zur Erholung oder aus Wissbegierde.

    DIE SCHWEIZER SCHLÖSSER wurden im September 2014 gegründet und repräsentieren 25 Schlösser und Burgen aus neun Kantonen in drei Sprachregionen. Aufgenommen werden maximal 30 Schlösser, welche die Qualitätsstandards des Verbands bezüglich Infrastruktur, Angebot, Innovation und Nachhaltigkeit erfüllen.

    Der Vorstand besteht aus:

    • Marco Castellaneta, Präsident, Direktor Museum Aargau
    • Juri Clericetti, Direktor Organizzazione turistica Regionale (OTR) Bellinzonese e alto Ticino
    • Daniel Furter, Leiter Museum Schloss Burgdorf
    • Thomas Gnägi, Leiter Museen Schloss Werdenberg
    • Barbara Egli, Leiterin Museum Schloss Spiez
    • Catherine Vermeil, Stellvertretende Leiterin Château de Prangins

    www.dieschweizerschloesser.ch

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